Latein als 2. Fremdsprache

I. Kulturelle Bedeutung der lateinischen Sprache

Latein war fast 2000 Jahre die Hauptsprache Westeuropas. Zur Zeit der römischen Kaiser sprach in Westeuropa fast die gesamte Bevölkerung Latein. Etwa von der Zeit Karls des Großen bis ins 18. und 19. Jahrhundert war Latein in ganz West- und Mitteleuropa die Sprache der Kirche, der Schulen, der Wissenschaft und der Bildung. Daher ist Latein die Basissprache unserer Kultur. Und so kommt es, dass Lateinkenntnis unzählige Verstehensbarrieren wegräumt.

II. Sinn des Faches Latein

1. Leichterer Zugang zu den romanischen Sprachen und Englisch

Neun europäische Sprachen sind aus dem Lateinischen entstanden, darunter Französisch, Italienisch und Spanisch. Für das Lernen dieser „romanischen“ Sprachen ist Latein sehr nützlich, für ihr tieferes Verständnis unerlässlich.

2. Fähigkeit, weitere Fremdsprachen selbständig zu lernen

Wer Latein lernt, muss sich in ein verhältnismäßig reich gegliedertes grammatisches System einarbeiten. Lohn der Mühe: Man durchschaut damit leichter die Grammatik vieler anderer Sprachen. So kann Latein, zumal in Verbindung mit neusprachlichem Unterricht, eine Fähigkeit fördern, die immer wichtiger wird: selbständig und rasch weitere Fremdsprachen zu lernen.

3. Mehr Sicherheit in der deutschen Sprache

Latein kann, so überraschend das klingt, auch die Sicherheit in der deutschen Sprache stärken. Dies vor allem aus drei Gründen:

  • Die erwähnte grammatische Schulung ist auch für das Verständnis der deutschen Grammatik nützlich.
  • Da in Latein von Anfang an das genaue Übersetzen ins Deutsche verlangt wird, besteht für die Schüler ein dauernder Anreiz, nach passenden deutschen Formulierungen zu suchen. So können sie ihr Ausdrucksvermögen in der deutschen Sprache trainieren.
  • Latein erleichtert es, Fremdwörter zu verstehen, z.B. Evolution, Rekonvaleszenz, transportieren, kreativ.

4. Zugang zur geistigen Tradition Europas

Die Kultur der westlichen Welt hat drei antike Fundamente: das Griechentum, das Römertum und das Christentum. Latein, die Sprache der Römer, hat natürlich vor allem die Aufgabe, maßgebliche Werke der römischen Literatur zu erschließen (Cicero, Vergil, Seneca, Tacitus u.a.).

Darüber hinaus ermöglicht Latein aber auch einen ersten Zugang zum griechischen Denken, da die Römer große Bewunderer der griechischen Kultur waren und deshalb grundlegende griechische Gedanken in lateinischer Sprache weitergaben.

Für das Studium der christlichen Überlieferung sind Lateinkenntnisse deshalb wichtig, weil Latein schon in der Antike die Sprache der westeuropäischen Christen wurde.

Mit dieser mehrfachen Schlüsselfunktion des Lateinischen hängt es zusammen, dass in zahlreichen Studienfächern das "Latinum" oder das "Große Latinum" verlangt wird (vgl. die Übersicht am Ende dieser Information). Es wird daher dringend empfohlen, sich die erforderlichen Lateinkenntnisse in der Schulzeit anzueignen, da das Nachlernen an der Universität zu einer Verlängerung der Studienzeit führt.

5. Training geistiger Fähigkeiten

Noch wichtiger als die Vermittlung von Kenntnissen ist die Förderung grundlegender Fähigkeiten.

Im Alter zwischen 10 und 12 Jahren durchleben Kinder in mehrfacher Hinsicht die besten Lernjahre. Die geistigen Fähigkeiten, die in diesem Alter erwachen, bedürfen des Trainings, um sich bestmöglich zu entwickeln. Die Eigentümlichkeiten des Lateins (differenzierter Formenbestand, ungewohnte Wortstellung u.a.) nötigen dazu, genau hinzuschauen, gründlich zu lernen und beim Übersetzen immer wieder den bildungswichtigen Prozess des Fixierens, Prüfens und Korrigierens der eigenen Vor-Annahmen (Hypothesen) zu durchlaufen. Dass Latein in dieser Entwicklungsphase des Kindes ein besonders wirksames "Trainingsprogramm" der geistigen Fähigkeiten sein kann, ist statistisch belegt. Dies gilt gerade auch für mittlere Begabungen.

Die Begegnung mit Werken römischer Autoren versetzt die Schüler in eine Kultur, die unserer heutigen zwar geistig verwandt, aber durch den zeitlichen Abstand auch fremd ist. Diese eigentümliche Spannung zwischen Fremdheit und geistiger Verwandschaft bietet vor allem Schülern der Mittel- und Oberstufe vielfältigen Anreiz, Standpunkte und Einsichten beider Kulturen zu vergleichen, über die eigene Welt nachzudenken und geistige Selbständigkeit zu entwickeln.

III. Anforderungen und Lernbeginn

Es gilt die Faustregel: Wer den übrigen Fächern des Gymnasiums gewachsen ist, "schafft" auch Latein.

Einerseits verlangt Latein vom Schüler, genau hinzuschauen, sorgfältig zu lernen und die Gedanken "zusammenzunehmen" (worauf der besondere Trainingseffekt des Lateinischen beruht). Andererseits ist Latein in Aussprache und Rechtschreibung unproblematisch. Es wird kein aktives Lateinsprechen verlangt; die Unterrichtssprache ist Deutsch.

Ein möglichst früher Lateinbeginn hat den Vorteil, dass der Unterricht in anderen Fächern von Latein am meisten profitieren kann. Am Rathenau-Gymnasium wird aus diesem Grund seit vielen Jahren Latein bereits als zweite Fremdsprache angeboten.

In der gymnasialen Oberstufe kann Latein wie jede andere Fremdprache fortgeführt und sogar als Prüfungsfach in der Abiturprüfung (sowohl auf grundlegendem - als auch auf erhöhtem Anforderungsniveau) gewählt werden. Am Europagymnasium "Walther Rathenau" sind dabei in den zurückliegenden Jahren immer wieder sehr erfolgreiche Prüfungsergebnisse erzielt worden.

IV. Studiengänge, für die man Latein braucht

Lateinkenntnisse sind für viele Studienfächer von großem Nutzen, z.B. für Medizin, Pharmazie und Jura, Anglistik, Germanistik, Geschichtswissenschaften, Kunstgeschichte, Orientalistik, Pädagogik, Philosophie, Slavistik, Sprachwissenschaften mit Rhetorik, Theologie, Ethnologie, Französisch, Italienisch und Spanisch. Für eine Reihe von Fächern ist der Nachweis von Lateinkenntnissen durch die Studienordnungen vorgeschrieben.

Man unterscheidet zwischen "Kleinem Latinum", "Latinum" und "Großem Latinum", je nach dem Umfang der Lateinkenntnisse. Bei Promotionen wird das Latinum bzw. das Große Latinum vielfach vorausgesetzt. Da die Vorschriften an den einzelnen Universitäten verschieden sind, können genauere Informationen nur bei den Hochschulen selbst eingeholt werden. Für weitere Informationen vgl. u.a. die Ausführungen der Fachschaft Latein auf der Homepage des Europagymnasiums "Walther Rathenau", die offizielle Internetadresse des deutschen Altphilologenverbandes (www.altphilologenverband.de) oder fragen Sie die Lehrerinnen und Lehrer der Fachschaft Latein am Rathenau-Gymnasium, die Ihnen jederzeit gerne für weitere Informationen zur Verfügung stehen.

Schulszene - Relief, um 200 n. Chr. - Rheinisches Landesmuseum

Schulszene.
In Neumagen gefundenes Relief, um 200 n. Chr. Rheinisches Landesmuseum Trier.
Gipsabguss, Archäologisches Institut der Universität Göttingen.

Fachbereich Latein des Europagymnasiums "Walther Rathenau" Bitterfeld 2019

Die vollständigen Informationen zur 2. Fremdsprache Latein können Sie im Menü "Pläne und Dokumente" - "Schüler" - "Aktuelle Dokumente" downloaden.

Direktlink für den Download der Informationen: 2. Fremdsprache Latein

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